Was sind die Vorteile und Nachteile der EU-Umsatzsteuerreform? Alles, was Händler über OSS wissen müssen.
Vereinfacht gesagt, wird der One-Stop-Shop als System definiert, bei dem vereinzelte bürokratische Vorgänge an einem einzigen Punkt zusammenlaufen. Ein solches System macht sich die EU nun mit dem One-Stop-Shop (kurz OSS) für Umsatzsteuerpflichten des grenzüberschreitenden Warenverkehrs zunutze. Dadurch soll die Versteuerung nun zentralisiert und somit, zumindest auf dem Papier, vereinfacht werden.
Der One-Stop-Shop ist Teil einer EU-weiten Umsatzsteuerreform, deren Ziel nicht nur die Vereinfachung der Zahlung der Umsatzsteuer in Europa ist. Auch die Kommunikation zwischen den verschiedenen Steuerbehörden der einzelnen EU-Mitgliedstaaten soll erleichtert werden, um so z.B. Steuerhinterziehung zu vermeiden. Mit dem One-Stop-Shop gilt nun deutlich eher das Bestimmungslandprinzip, bei dem die Umsatzsteuer in dem Land fällig wird, in dem der Endkunde sitzt. Durch den rasanten Aufstieg des E-Commerce waren viele Umsatzsteuergesetze nicht mehr mit dem Fortschritt des digitalen und dezentralen Handels in Einklang zu bringen. Bereits 2017 wurde die Reform beschlossen und sollte eigentlich bereits zum 01.01.2021 in Kraft treten. Da viele der EU-Mitgliedsstaaten, inklusive Deutschland, jedoch Schwierigkeiten hatten, die dafür benötigten technischen Anforderungen rechtzeitig zu erfüllen, wurde die Einführung auf den 01.07.2021 vertagt.
Der One-Stop-Shop soll die Finanzämter anderer EU-Staaten in Deutschland im Prinzip durch das BZSt (Bundeszentralamt für Steuern) vertreten. Online-Händler, die natürlich steuerpflichtig sind, geben in der elektronischen Steuererklärung beim One-Stop-Shop an, welche Umsätze sie mit Verkäufen an B2C Kunden über die Grenzen des Landes mit ihrem jeweiligen Firmensitz hinaus, erzielt haben. Daraus berechnen Online Händler ihre Steuern – nach den aktuellen Umsatzsteuersätzen der jeweiligen Länder, in die verschickt wurde – selber und zahlen diese im Anschluss an das BZSt. Dieses rechnet mit den jeweiligen Finanzämtern der übrigen EU-Staaten ab und übernimmt die Überweisung der fälligen Steuerbeträge. Das erspart allen Online Händlern Arbeit! Und nicht vergessen: Es gibt auch sogenannte Nullsteuersätze, die jedoch keine Steuerbefreiung bedeuten.
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Für alle Unternehmen und Händler, die ihre Waren aus einem Zentrallager an Endkunden in der EU verschicken, bedeutet OSS eine enorme Vereinfachung der Abführung der Umsatzsteuer. Die Gefahr eine Steuerpflicht durch die Überschreitung von Lieferschwellen in verschiedenen EU-Ländern auszulösen, fällt weg, wenn man OSS nutzt. Einzig und allein die Lieferschwelle von 10.000 EUR ist hier im gesamten EU-weiten Verkauf relevant, sodass die Abführung der Umsatzsteuer einheitlich an einem Ort erfolgen kann.
Auf den ersten Blick klingt der One-Stop-Shop wie ein wahrer Segen für alle, die EU-weite Fernverkäufe und demnach Umsatzsteuerpflichten haben. Allerdings wird die Mehrheit der Online Händler, die z.B. das Amazon FBA Programm nutzen und im Ausland lagern, von einer neuen Komplexität der VAT Compliance geradezu überrollt. Denn, wenn Händler oder Unternehmen Warenlager im Ausland nutzen (z.B. im Zuge des Amazon CE Programms in Polen und Tschechien) und von dort aus verschicken, bleibt die lokale Umsatzsteuerpflicht bestehen und kann nicht über den One-Stop-Shop abgeführt werden, sondern muss auch weiterhin lokal gemeldet werden:
Sprich, wenn z.B. ein Endkunde in Italien aus einem Warenlager in Italien beliefert wird, besteht weiterhin eine lokale Meldepflicht in Italien. Deshalb müssen Händler, die sowohl im Ausland lagern als auch darüber hinaus Fernverkäufe haben, zwei umsatzsteuerliche Pfade beachten:
Ein weiterer Nachteil des One-Stop-Shops ist die Herabsetzung der Lieferschwelle auf 10.000 EUR. Viele Händler, die vor OSS aufgrund der deutlich höheren Lieferschwellen in einzelnen EU-Ländern (in Deutschland z.B. 100.000 EUR, in der Regel 35.000€) noch keine Umsatzsteuerpflichten im Ausland hatten, sehen sich nun mit neuen Steuerpflichten konfrontiert.
Viele Händler, die durch die relativ hohen Lieferschwellen zuvor keine Umsatzsteuerpflichten im Ausland hatten, werden durch die Umsatzsteuerreform plötzlich umsatzsteuerpflichtig – teilweise sogar ohne davon Kenntnis davon zu haben. Nun ist es so, dass jede Lieferung eines Pakets in ein anderes EU-Land eine Umsatzsteuerpflicht auslöst, die greift, wenn die Lieferschwelle von insgesamt 10.000 EUR überschritten wurde. Wenn Rechnungen falsch ausgestellt wurden, hat dies zur Folge, dass in Deutschland fehlerhafte Meldungen eingereicht werden. Dadurch ergibt sich das Problem, dass die Zahlungen an das Finanzamt auf Basis dieser falschen Meldungen beruhen. Dies kann in Zukunft für massive Probleme sorgen, denn auch bei der ersten OSS-Meldung wird das BZSt bei Fehlern wahrscheinlich hart durchgreifen.
Da die Teilnahme am One-Stop-Shop freiwillig ist, können für Fernverkäufe entweder OSS oder lokale Registrierungen genutzt werden. Nutzt du jedoch zusätzlich aktiv Warenlager außerhalb deines Heimatlandes, z.B. im Zuge des Amazon CE Programms in Polen und Tschechien, kannst du für deine Fernverkäufe zwar OSS nutzen, musst dich aber zusätzlich in Polen und Tschechien lokal registrieren, weil du dort lagerst.
Trotz der Vorteile für Händler und Unternehmen, die lediglich Fernverkäufe tätigen, ist der One-Stop-Shop leider keine All-Inclusive-Lösung. Vor allem mit der Lagerung im Ausland stehen Händler teilweise vor großen Herausforderungen, die es durch die EU-Umsatzsteuerreform in Bezug auf die Umsatzsteuer zu beachten und einzuhalten gilt. Falls ihr euch nicht sicher seid, ob OSS für euch relevant ist, könnt ihr countX kontaktieren und euer aktuelles Umsatzsteuer-Setup durchsprechen. Denn gerade bei steuerlichen Themen schützt Unwissenheit nicht vor Strafe!